Die deutsche Bezeichnung "Jurte" stammt aus russischem "jurta" und aus türkischem "jurt": Zelt, Lagerplatz, Wohnort, Land, Heimat und ähnliches. Wie in deutscher Sprache Heim und Heimat untrennbar verbunden sind, bezeichnet auch Jurt beides für den Nomaden.
In ganz Eurasien und Nordafrika gibt es nur zwei Haupttypen der beweglichen Zelte der Nomaden. Das sogenannte Schwarzzelt, aus dem sich die Campingzelte entwickelt haben, ist überall verbreitet. Der andere Typ ist Jurte, die in Zentralasien weit dominiert.
Obwohl sich der türkische und mongolische Typ der Ger nur wenig unterscheidet, hat die mongolische Benennung der Jurte "Ger" keine etymologische Verbindung mit dem türkischen "Jurt". Die Bedeutung des Wortes "Ger" ist enger und steht für jede Haustypen in Mongolischen.
Ausdrücke wie "Zuhause", "nach Hause" oder "Hausherr" (mong: geriin khün ) werden vom Wort "Ger" abgeleitet.
Unter der Bezeichnung "Ger" gibt es für die Mongolen beträchtliche Unterschiede. Das Schwarzzelt heißt "maichan". Die kleineren werden im Sommer für kurze Ausflüge oder auch für Küchen-ger mitgenommen. Die größeren dienen für die Festlichkeiten und Gelegenheiten.
Die früheren Palastjurten von Groß-Khanen mußten auf Räder gestellt und mit Zugtieren weitergeschleppt werden.
Mobilität ist für die Nomaden ein Überlebensprinzip. Das raue Klima und die karge Vegetation machen die ständige Suche nach neuen Weideflächen zum Mittelpunkt des Lebens. Die Laune der Natur bestimmt das Leben der Nomaden und es ist ein Leben im Rhythmus der Natur.
Dafür ist die Nomadenhaus "Ger" bestens geeignet, die in einer halben Stunde aufgebaut, ebenso schnell abgebaut wird.
Die einfache Jurte besteht aus vier oder fünf Scherengitter (mong: chana ), die leicht biegsam sind und aus Holzlatten bestehen. Die Holzlatten werden mit kleinen Ledernägeln (mong: üdeer ) zusammengehalten, so dass sie das Auseinanderfallen verhindern. Die Latten sind scherenartig beweglich,
und man kann sie so zusammendrücken, daß sie beim Transport relativ wenig Platz einnehmen.
Zunächst werden die Scherengitter kreisformig aufgebaut und mit Schnüren aneinandergebunden. Danach passt man den Türrahmen ein, den man mit zwei Anschlußgittern fest verbindet. Um die ganze, im Kreis stehende Gitterwand werden waagerecht zwei Seile fest gezogen, die die Jurte stabil halten.
Die Tür ist bei den Nomaden immer nach Süden ausgerichtet. Süden ist die heilige Hauptrichtung der Mongolen, wie auch für andere ostasiatische Völker.
Sie ist gerade mal 1,5 Meter hoch. Deshalb stehen die größeren Möbelstücke schon vor dem Aufbauen in der Mitte der Jurte, damit man später nicht mehr durch die kleine Tüt hereinzutragen braucht. Stehen die Wände fest, werden der runde Dachkranz (mong: toono ) und die zwei Säulen (mong: bagana ),
die für zusätzliche Stabilität sorgen, aufgestellt.
50-80 Dachstreben (mong: uni ),
je nach der Größe von Ger, verbinden die Scherengitter mit dem Dachkranz, dessen Außenseite entsprechende Öffnungen gehöhlt sind. Die Dachstreben werden dann am Dachkranz aufgesteckt und unten an den Scherengittern festgebunden. Damit ist der Rohbau fertig. Nun werden dieses Gerüst mehrere Filzdecken (mong: esgii tuurga ) rund um gewickelt.
Der Dachkranz wird von einem speziellen Filztuch (mong: örch ) bedeckt,
das mit Hilfe von Stricken zur Seite gezogen werden kann, so daß zugleich für die Beleuchtung und den Schutz gegen Klima gesorgt ist. Der Dachkranz dient nicht nur zur Beleuchtung und Belüftung, sondern fungiert auch als Sonnenuhr. Die Jurtenbewohner wissen immer Bescheid, um viewiel Uhr der Sonnenstrahl auf eine bestimmte Stelle in der Jurte fällt.
Über die Filzdecken wird noch eine auswaschbare Leinwand gezogen, das gegen Feuchtigkeit und Schmutz schützt und gleichzeitig sichert, daß die Jurte immer weiß aussieht.
In der Jurte hat alles seinen genauen Platz. Der Osten (mong: züün ) ist die Seite von Frauen und der Westen (mong: baruun ) ist die Seite der Männer. Die hintere Seite der Jurte ist die Ehrenseite, die mittlere ist für das Alltagsleben bestimmt. Die vordere südliche Seite neben der Tür ist der Platz für die Arbeit und Tiere.
Der älteste oder geehrte Gast hat seinen Platz auf der rechten hinteren Seite, die für männliche Besucher bestimmt ist. Die Platzordnung der Besucher in der Jurte werden nicht etwa nach gesellschaftlichen Rang im europäischen Sinn, sondern nach ihrem Alter gesetzt.
Der Herd (mong: tulga ), das wichtigste Stück der Einrichtung, steht nicht nur in der Mitte der Jurte und ist somit auch das Zentrum des alltäglichen Lebens, sondern das dort brennende Feuer ist gleichzeitig der kultische Mittelpunkt der Jurte. Es darf keinen Abfall ins Jurtenfeuer geworfen werden, denn Feuer ist heilig.
Die kleine Öffnung des Herds ist nach Osten, der Seite der Frau bzw.
"Feuerhüterin" "Herrin des Hauses" ausgerichtet. Oberhalb des Herds steht ein niedrigerer Esstisch.
Der Platz hinten in der Mitte, "Kopf der Jurte", ist ebenso heilig wie die Mitte selbst. Es ist ein Ort, wo auf einem Truhe die heilige Statue von Buddha oder Bilder von nahestehenden Menschen stehen. Wer bei einer Jurten-Familie übernachtet, sollte man darauf achten, dass man sich nicht mit dem Füßen Richtung Hausalter auf den Boden legt.
Wer eine Jurte betritt, sollte aufpassen, dass er nicht auf die Schwelle der Tür tritt:
Das verärgert die Steppen-Geister, bringt der Familie Unglück.
In der linken hinteren Ecke steht meistens Familienbett der Eltern, also die Familienseite. Der linke mittlere Platz ist der Tätigkeitsbereich der Frau, wo sie im Alltag während des Kochens und Nähens aufhält. Auf dem vorderen linken Platz stehen die Küchengeräte: Schüsseln, Tassen, Töpfe, Eimer mit Wasser usw. Gegenüber, an der vorderen rechten Seite,
arbeitet der Hausherr.
Hier stehen Sattel, Zaum, Sichel usw.
Bei einem sehr kalten Winter bringt man die neugeborenen Kleintiere auch in diesen Platz. In die rechte hintere Ecke stellt man die Truhe (mong: awdar ), wo man die Kleider und das Hab und Gut der Familie aufbewahrt.