"Vom Khan bis zum einfachen Menschen stehen alle früh auf und ziehen mit dem Vieh über die Weiden." sagt eine mongolische Redensart. Ein Drittel der Gesamtbevölkerung ist heute noch Nomaden. Die Laune des rauen Klimas bestimmt den Alltag der Nomaden und es ist ein Leben im Rhythmus der Natur. Das Sommerlager wird oft mitten in der Steppe, an Wasserstellen und Flüßen aufgeschlagen. Im Winter ziehen sich die Menschen mit ihren Herden in die windgeschützten Gebirgstäler zurück.
Winterfutter wird in der Mongolei, anders als in Europa, traditionell nicht bevorratet. Das ist weder nötig noch ökonomisch sinnvoll. Im extrem trockenen Kontinentalklima der mongolischen Hochebene fallen die Niederschläge hauptsächlich im Sommer. Im Herbst dörrt die starke Sonneneinstrahlung die Weide aus und im Spätherbst fallen die Temperaturen so schnell, dass das Gras gefriergetrocknet und die Steppe selbst zum Vorratslager wird. Doch wehe, es fällt viel Schnee. Die Pferde können sich ihr Futter freischarren. Doch die Kühe, ohne die eine Nomadenfamilie nicht überleben kann, sind dazu nicht fähig. Das ist der gefürchtete Schneekatastrophe "Zud".
Die Staat nimmt ihre Verantwortung für soziale Infrastruktur auf dem Land nur unzureichend wahr. Hinzu kommt, dass seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion der größte Exportmarkt für das mongolische Fleisch weggebrochen ist. Die Nomaden haben zwar Fleisch, aber niemanden mehr, der es ihnen abnimmt. Zumindest nicht in den Gebieten, die von den städtischen Zentren weiter entfernt liegen, denn die Transportkosten sind zu hoch. Die Nomaden werden von den gängigen einheimischen und ausländischen Händlern regelrecht ausgebeutet. Die Rohprodukte könnten hingegen vor Ort bearbeitet werden, wobei auch Arbeitsplätze geschaffen werden könnten, und die Produkte einen höheren Wert bekommen. 56,5 Prozent der Exportgüter gingen im letzten Jahr 2005 allein nach China. Davon waren bis zu 80 % der Exportwaren Rohprodukte aus Viehzucht und Bergbau.
Viele Nomaden geben ihr Leben auf dem Land auf und ziehen in die Stadt. Dadurch stieg die Arbeitslosigkeitsquote in letzten 2 bis 3 Jahren in den Städten dramatisch in die Höhe, und damit auch die verbundenen sozialen Konsequenzen wie Armut, Kriminalität.
Es ist eine Tatsache, daß die Regierung seit dem Zusammenbruch des sozialistischen Regimes in den 90er Jahren nichts dafür tut, daß die Menschen auf dem Land auch weiter leben wollen/können. Kein Wunder, daß immer mehr Menschen das Land verlassen und in die Stadt ziehen, wo man auf ein besseres Leben hofft. Man will, daß z.B: die Kinder in die Schule gehen. Aber dort gibt es keine Schule mehr, weil der Staat die Lehrkräften seit einem halben Jahr nicht mehr bezahlen konnte oder es steht eine Ruine der Schule, weil die Heizung im letzten Winter geplatzt ist und nicht repariert werden konnte. Dies ist ein einfaches Beispiel für die Realität des Nomadenlebens.
In der Erwartung, das Nomadentum sei sowieso zum Untergang verurteilt, wurde nichts unternommen, um die Situation zu verbessern. Eine Große Koalition, die im Herbst 2004 ein umfassendes Regierungsprogramm mit starker Betonung sozialer Aspekte vorgelegt hatte, zerbrach bereits Anfang 2005. Es ist fraglich, ob sich viel ändern wird, und es ist nicht nur der gute Wille, den man bezweifeln kann. Für eine Verbesserung der ländlichen Infrastruktur braucht man Geld - und Geld ist etwas, das die Mongolei nicht hat.