Mönchtum


"Tantrismus" bzw. der tibetische Buddhismus ist die weitere Entwicklung des Mahayana-Buddhismus, der ca. 500 n. Chr. nach Tibet gebracht wurde. Das Wort Tantra bedeutet "weben" und unterstreicht insbesondere die notwendigen Techniken und Tätigkeiten zur Entdeckung des Ursprungs, der Quelle unseres "Selbst". Dieses Ziel ist die Grundlage des Glaubens wie in allen anderen Formen des Buddhismus: Eins zu werden mit dem Ursprungs, des "So-Seins" als das eigene selbst zu verkennen.
Der Mönch (mong: und tibetisch: Lama ) ist in einem noch viel stärkeren Maße als der hinduistische "guru" der geistigen Lehrer. In ihm vereinen sich die drei Glaubenslehre des Buddhismus: Buddha, Lehre (tibetisch: Dharma ) und Gemeinde (tibetisch: Sangha ).
Der Dharma als das vom Buddha erkannte und verkündete Daseinsgesetz beinhaltet die Vier Edlen Wahrheiten: die Leiden, die Ursachen der Leiden, die Möglichkeit der Beendigung der Leiden und der Weg, der aus den Leiden führt. Diese sind die Grundlage der buddhistischen Lehre und zentraler Punkt aller Schulen und Traditionen. Der Daseinsgesetzt bildet in der Zufluchtsformel, die sog. "drei Juwelen" (mong: gurvan erdeni ), die auch als die drei Zufluchtsobjekte bezeichnet werden:

"Ich nehme Zuflucht zu Buddha
Ich nehme Zuflucht zu Dharma
Ich nehme Zuflucht zu Sangha"

Es ist kaum verwunderlich, dass der tibetische Buddhismus immer wieder durch "Lamaismus" verwechselt wird, denn die Lamas werden in der Gesellschaft hochgeschätzt, sei es der geistliche Lehrer im engeren Sinne oder die Gesamtheit der buddhistischen Geistlichkeit im weiteren Sinne. Die Mongolen nennen jenen erwachsenen Mönch Lama , ungeachtet seines geistlichen Ranges, seiner sozialen Stellung und seines Bildungsgrades.

Die wirklich großen Lamas bringen mehrere Jahre in nahezu ununterbrochener Einsamkeit in abgelegenen Gegenden zu, viele Jahre mit gründlicher Meditation und rituellen Gesängen gehen voraus, um fähig zu werden, sich die Welt zu vergegenwärtigen. Solche Kräfte sind jedoch nicht das eigentliche Ziel; treten sie jedoch tatsächlich auf, so ist es angebracht, sie im Dienste der Menschheit anzuwenden. Man sagt, dass die heiligen Lamas große magische wie spirituelle Kräfte besitzen. Die Härte ihres Trainings würde die meisten von uns ebenfalls beträchtlich in unserem Alltagsleben verändern.
Denn ihr Ziel ist: "die Verwandlung im tiefsten Sitz des Bewußtseins"

Ozean der Weisheit


Dalai Lama

An der Spitze dieser großen "spirituellen Leiter" steht der Dalai Lama (Ozean der Weisheit), die höchste Persönlichkeit und Regent des tibetischen Buddhismus. Aber wenn wir ihn als Persönlichkeit bezeichnen, bringt dies nicht zum Ausdruck, wie die Gläubigen über ihn denken, denn sie sehen in ihm mehr das erhabene Amt der Geistigkeit. Er ist ein Heiliger (mong: Khubilgaan ; tibetisch: Tulku ) und entstammt spirituell direkt dem Prinzip des Erbarmens, das sich in Form eines Gottes, des Avalokitesvara, offenbart. Man glaubt, daß der Avalokitesvara einfach einen neuen Körper annimmt, wenn ein Dalai Lama stirbt, so daß er mit jedem neuen Dalai Lama wiedergeboren wird.
Der tibetische Buddhismus betrachtet die Reinkarnation mehr als jede andere buddhistische Schule als außerordentlich wichtig. Stirbt ein gewöhnlicher Mensch, wird seine Wiedergeburt von seinem unerschöpflichen Karma bestimmt (seinen nicht vollendeten Handlungen und seinem unvollkommenen Verständnis).
Stirbt ein Heiliger, so hat er keine solchen Fesseln, die ihn binden, und wenn er die Welt wieder betritt, ist es ein freiwilliger Akt. Er wählt die Wiedergeburt, damit sein geistiges Wohlwollen der Welt erhalten bleibt. Dann ist er ein Tulku.
Man vermutet, dass es in der Mongolei vor der Volksrevolution (1937-38) rund 150 Khubilgaans bzw. Tulkus gab. Die Institution der Khubilgaane hat damals eine sehr große Rolle gespielt, da sie weit über den religiösen Bereich hinaus auch beträchtlichen sozialen und politischen Einfluss gewonnen hat. Die bekanntesten Beispiele für sogenannte "Existenzketten" (mong: töröliin üyes ) von Verwandlungskörper sind die Dalai-Lamas und die Pantschen Lamas.


Literaturhinweis:

  • Bancroft, A. London (1974): Religions of the East. Zürich, Theseus.

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